Julia Hummer and Too Many Boys - "Downtown Cocoluccia"
(Strange Ways Records/Indigo)
Fragen Sie jetzt bloß nicht, wo Cocoluccia ist, wir wissen es auch nicht. Wahrscheinlich weiß es nur Frau Hummer, aber vielleicht ist es auch einfach nur ein anderer Begriff für Berlin-Mitte, wo die 25-jährige Schauspielerin und Sängerin lebt. Gerade noch konnte man sie in Christian Petzolds "Gespenster" als heimatlosen Geist missgelaunt über den Potsdamer Platz schlurfen sehen, und nun kann man sich anhören, was die Hummer als Musikerin kann. Als Soundtrack für Petzold-Filme taugt "Downtown Cocoluccia" jedenfalls nicht, schon eher als Begleitung für eine Dokumentation über den Boom des Folkrocks Anfang der Sechziger in Downtown New York. Denn Julia Hummer, diese auf der Leinwand zart und kindlich wirkende Frau, entpuppt sich als robuste Indie-Rockerin, deren somnambules, aber selbstbewusstes Näseln tatsächlich manchmal an Bob Dylan erinnert, Mundharmonika-Begleitung und sparsamer Gitarrensound inklusive. Auch Velvet Underground werden zitiert, zusammen mit einigen anderen Helden der Musikgeschichte. Nicht alles ist langsam und folkbasiert, vieles rumpelt und knattert lärmend dahin, dass es eine wahre Lust ist. Nach zweimal Hören ist man süchtig nach diesem kargen, ehrlichen Sound, nach dem Charme von Songtexten wie "Bowling in Woodstock" oder "New Blues" und nach einer Sängerin, die ein völlig zeitloses und beeindruckend undeutsches Album hinbekommen hat. Hummer für alle! (8) Andreas Borcholte, spiegel.de
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